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Externer Sinuslift mit lateraler Augmentation unter Verwendung einer titanverstärkten dPTFE-Membran 

Häufig ist im Oberkiefer-Seitenzahnbereich nicht nur eine Augmentation mittels Sinuslift notwendig, sondern es muss auch noch eine bukkale Atrophie behandelt werden. Ist der bukkale Knochenverlust nicht groß, kann er simultan mit der Implantatinsertion augmentiert werden. Handelt es sich um einen ausgedehnten Defekt, muss zweizeitig operiert werden. 

Wichtig bei der Behandlung ausgedehnter bukkaler Atrophien ist ein volumenstabiles Augmentat. Dieses gewährleisten mehrere OP-Techniken und -Verfahren [1]. Die Augmentation etwa mit der Schalentechnik [2] hat zum Nachteil, dass ein großes zweites OP-Gebiet entsteht und die Methode techniksensitiv ist. Die Methode mittels eines 3D-gedruckten Titangitters ist kostenintensiv [3]. 

Beide Methoden eignen sich dann aber gut, wenn auch noch vertikal augmentiert werden soll. Wenn nur lateral augmentiert wird, stellt die Verwendung einer titanverstärkten dPTFE-Membran eine gute Möglichkeit dar [4,5,6]. Der entstandene Hohlraum kann gut mit einem Gemisch aus Knochenersatzmaterial und autologem Knochen in partikulärer Form gefüllt werden. Dieses Knochenmaterial lässt sich sehr schonend mittels Safescraper aus der Retromolar- oder Tuber-Region entnehmen. So entfällt ein größeres zweites Wundgebiet. Die Fixierung der nicht resorbierbaren Membran erfolgt mit Pins und/oder Schrauben. Die möglichen Komplikationen beinhalten, wie bei allen aufwendigen augmentativen Maßnahmen, die Dehiszenz mit Exposition des Augmentats. Unter Verwendung einer dPTFE- Membran kommt es jedoch weniger häufig zu dem Verlust eines Großteils des Augmentats [7]. 

Ausgangssituation

Bei dem langjährigen 56-jährigen Patienten sollte eine Implantatversorgung in regio 16 (der Zahn fehlte seit einem Jahr) durchgeführt werden. Allgemeinanamnestisch war der Patient unauffällig (Abb. 1). 

Auf der DVT-Aufnahme ließ sich aber schon der Verlust der bukkalen Lamelle an Zahn 17 erahnen (aber nicht eindeutig diagnostizieren). Und so bewahrheitete sich dann auch der Verdacht: Es entwickelte sich an dem wurzelbehandelten 17 eine Fistelung. Bei Aufklappung zeigte sich eine komplette Atrophie der bukkalen Lamelle, der Zahn musste entfernt werden. Der Zahn 14 wurde ein Jahr zuvor und der Zahn 15 zwei Jahre zuvor wurzelbehandelt. Die Wurzelfüllung wurde zwar überstopft, aber um die Wurzel zeigte sich eine unauffällige, solide knöcherne Regeneration. 

Behandlungsplanung

Einen Monat nach Entfernung des Zahns 17 zeigten sich stabile Schleimhautverhältnisse (Abb. 2). Da der Knochenverlust erheblich war (der entfernte Zahn 16 war stark periapikal beherdet gewesen) und zudem ein Sinuslift durchgeführt werden musste, kam nur ein zweizeitiges Vorgehen für die Versorgung von 16 in Betracht (Abb. 3-5). 

Es handelte sich aber hauptsächlich um eine horizontale Knochenatrophie. Um den vorhandenen Knochen optimal ausnutzen zu können, wurde eine verzögerte Sofortimplantation in regio 17 mit simultanem externen Sinuslift und lateraler Augmentation in regio 16 mittels titanverstärkter Membran geplant. 

Chirurgisches Vorgehen 

Unter perioperativer Antibiotikaprophylaxe (2 g Amoxicillin 1h präoperativ) wurde in Lokalanästhesie ein Mukoperiostlappen gebildet. Ausnahmsweise wurde hier auch eine mesiale Entlastungsinzision gewählt, um später in Verbindung mit Periostschlitzungen eine ausreichende Mobilität des Lappens zur Deckung des großen Augmentats zu gewährleisten. 

Intraoperativ zeigte sich das große Defektvolumen und die zerklüftete Struktur der Knochenoberfläche (Abb. 6). Es erfolgte zunächst die Präparation des lateralen Sinusfensters und die Anhebung der Schneider’schen Membran (Abb. 7). 

Daran anschließend wurde das Implantatbett an 17 mit einer Orientierungsschablone präpariert. Dabei wurde final mittels Osteotom ein Bonecondensing zur Erhöhung der Primärstabilität durchgeführt. Die Implantatachse wurde um 38° anguliert, um das dort bessere Knochenvolumen auszunutzen. Es konnte hier ein Implantat (Screw Line Promote Plus, 4,3 mm X 9 mm, Camlog) mit 15 Ncm inseriert werden. In den Regionen 16 und 17 erfolgte der Sinuslift mit partikulärem Knochen, welcher mittels Safescraper aus der Region des Tuber maxillae gewonnen wurde. Das Knochenmaterial wurde vermischt mit bovinem Knochenersatzmaterial (Bio-Oss, 0,25-1 mm, Geistlich). Mit derselben Mischung erfolgte die Augmentation des lateralen Defektes. 

Hier wurde das Augmentat dann mit einer titanverstärkten dPTFE-Membran (Cytoplast Titanium-Reinforced Posterior Singles, 20 x 25 mm, Osteogenics Biomedical Inc., USA) abgedeckt und stabilisiert. Die Membran wurde in diesem Fall mit Mini-Osteosyntheseschrauben (Screw System 7 x 0,9 mm, TX BTX00, Meisinger) befestigt, da es auf dem zerklüfteten Untergrund schwierig war, die Pins sicher zu setzen (Abb. 8). Es wurde noch eine zusätzliche Membran (Bio-Gide, 25 x 25 mm, Geistlich) darüber platziert. Zusätzlich wurde noch ein PRF-Clot (BTI) eingebracht. Die Wunddeckung erfolgte problemlos spannungsfrei durch mehrfache Periostschlitzungen. Postoperativ wurde für zehn Tage antibiotisch abgeschirmt (Amoxicillin 500 mg, 3/d). 

Einheilung und zweiter operativer Eingriff 

Während der Wundheilungsphase kam es drei Tage nach der Operation zu Schwellungen und leichten Hämatombildungen, der Patient hatte aber keine Schmerzen. Im weiteren Verlauf kam es zu einer kleinen Dehiszenz mit Membranexposition in regio 17. Diese wurde mit Chlorhexamed-Spülungen behandelt. Diese Exposition blieb reizlos bis zum Tag der Membranentfernung (Abb. 9). 

Vier Monate nach der Augmentation wurden – wieder mit derselben perioperativen Antibiotikaprophylaxe in Lokalanästhesie – die Membran und die Osteosyntheseschrauben entfernt (Abb. 10-12) und in regio 16 implantiert. Allerdings wurde dieses Mal auf eine postoperative Antibiotikaprophylaxe verzichtet, da es nur ein kurzer Eingriff war. Es wurde wieder dieselbe Schnittführung gewählt wie beim ersten Eingriff. Nach der Entfernung der sehr fest auf dem Untergrund anhaftenden Membran (Abb. 13, 14) zeigte sich ein augmentierter Bereich mit noch sichtbarem partikulärem Knochenersatzmaterial, eingebunden in Knochenneubildungszonen. Die Konsistenz des Areals glich optisch in etwa der eines Stückes festen Parmesankäses (Abb. 15). 

Hier konnte jetzt ein weiteres Implantat mit guter Primärstabilität bei 25 Ncm eingebracht werden (Screw Line Promote Plus, 5,0 mm X 11mm, Camlog) (Abb. 16). Es wurde wieder eine vorsichtige Osseodensifikation mittels Osteotom durchgeführt. Zusätzlich wurde wieder ein PRF-Clot (BTI) eingebracht. Die Wunddeckung erfolgte auch hier problemlos spannungsfrei durch Periostschlitzungen. 

Einheilung des zweiten Implantates und Freilegung beider Implantate 

Die Einheilung verlief komplikationslos. Vier Monate nach der 2. Implantation erfolgte die Freilegung beider Implantate in Lokalanästhesie ohne Antibiotikaprophylaxe (Abb. 17). Wieder wurde dieselbe Schnittführung gewählt, um eine gute Vaskularisierung aufrecht zu erhalten. Allerdings war die Wunde dieses Mal deutlich kleiner. Es wurden zunächst zwei wide body Gingivaformer eingebracht (Abb. 18). Eine Woche später jedoch wurde der Gingivaformer auf 17 durch einen individualisierten Gingivaformer (prov. Peek Abutment mit Komposit individualisiert, Camlog) ersetzt. Dies war notwendig, da das Emergenzprofifil aufgrund der starken Angulation des Implantates in regio 17 mit einem konfektionierten Gingivaformer nicht gut ausformbar war. 

Prothetische Versorgung und Nachkontrollen 

Drei Wochen nach Freilegung erfolgte die konventionelle Abformung mittels offenen Löffels. Hierbei wurde auch der Abformpfosten in gleicher Weise wie der Gingivaformer an 17 individualisiert. Den Transfer der Geometrie des Gingivaformers auf den Abformpfosten stellte eine Silikon-Negativform des Gingivaformers sicher (Abb. 19). Weitere drei Wochen später wurden individuelle Zirkonoxidabutments auf Titanbasen eingesetzt (Abb. 20) und mit verblockten, vollverblendeten Zirkonkronen versorgt (Abb. 21-23). Bei dem Kontrolltermin eine Woche später zeigten sich reizlose Verhältnisse. Auch bei der einjährigen Nachkontrolle zeigte sich eine unauffällige Situation (Abb. 24). 

Diskussion

Die moderne Endodontie kann heute einen Zahnerhalt realisieren, wie er früher nicht möglich war. Das führt dazu, dass länger um augenscheinlich hoffnungslose Zähne gekämpft wird. Das führt zu späteren Extraktionen. Auf der einen Seite ist das wünschenswert, da ein gut funktionierender natürlicher Zahn (auch ein wurzelbehandelter) besser ist als ein Implantat. Auf der anderen Seite führt das bisweilen zu ausgedehnten Knochendefekten im Fall eines Misserfolges, die es gilt, im Rahmen einer Implantatversorgung zu behandeln. Mit dem hier vorgestellten Fall wird gezeigt, wie man einen großen, hauptsächlich lateralen Defekt im posterioren Oberkiefer ohne allzu großen operativen Aufwand im Vergleich mit einigen anderen Verfahren behandeln kann. 

Autor

Dr. med. dent. Stephan Porsch

Dr. med. dent. Stephan Porsch

  • 2001-2002 Studium Zahnmedizin Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg
  • 2002-2008 Studium der Zahnmedizin in Kiel
  • 2011 Promotion
  • 2008-2012 Tätigkeit als Assistenzzahnarzt in verschiedenen Münchener Praxen
  • Seit 2012 Niederlassung in eigener Praxis in München
  • 2015 Curriculum Implantologie (DGI)
  • 2022 Curriculum Sportzahnmedizin (DGSZM)